Vier von fünf kleinen und mittelständischen Unternehmen weltweit erwarten durch die Digitalisierung unmittelbare wirtschaftliche Vorteile. Neben der Erhöhung von Umsätzen und Kostensenkungen gehören der leichtere Zugang zu Informationen, die Schaffung von besserem Kundenservice und höhere Produktivität der Mitarbeiter dazu. Trotz dieser hohen Erwartungen nutzen die wenigsten Unternehmen das volle Potential der Digitalisierung aus.
Umso wichtiger ist es, sich bewusst zu machen, wie die digitale Transformation in der Tat bereits Unternehmen verschiedenster Größe verändert hat. Bekannte Unternehmen wie die Haufe Gruppe, welche sich vom traditionellen Fachverlag zum Anbieter digitaler Arbeitsplatz- und Unternehmenslösungen entwickelt hat oder die Schuler Group, welche über digitale Services neue Geschäftsbereiche erschließt, sind dabei nur einige Beispiele. Die meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen haben einen praktischen Ansatz, wenn es um die Digitalisierung geht und gehen bei der Integration lösungsbezogen vor, was die folgenden Beispiele aus der Digitalisierung im Mittelstand, zum Teil auch aus überraschenden Geschäftsbereichen, illustrieren sollen.
1. Vom IT-Experte zum Fischzüchter
Durch einen Vorstandsposten in einem Anglerverein und Workshops zum Thema Aquakultur entstand das Unternehmen Fischmaster, obwohl der Gründer eigentlich IT-Experte ist. Durch anfängliche Rückschläge bei der Zucht vom besonders pflegeintensiven und stressempfindlichen Zander, entstand mit digitaler Hilfe eine effektive Aquakultur für den teuren Fisch. Sensoren überwachen den Nitrit-, Ammonium- und Sauerstoffgehalt des Wassers, steuern sogar Futtersystem, Licht und die Jahreszeiten-Simulation. Das System kann so auf Abweichungen reagieren und diese ebenso nach außen kommunizieren. Das ausgeklügelte und voll digitale System ermöglicht nicht nur eine höchst effektive Fischzucht, sondern dient auch als Blaupause für andere Firmen, an welche die Software verkauft werden soll.
2. Digitalisierung im Handwerk
Auch das Handwerk profitiert als Beispiel der Digitalisierung im Mittelstand von neuen Geschäftsmodellen. An traditionelle Handwerksbetriebe angeschlossene Onlineshops und -Konfiguratoren sind mittlerweile häufig. Wird der Fokus jedoch rein auf die Produktion gelegt, benötigen Tischler – wie viele andere Gewerke auch – effektive Zeichnungen und Fertigungsanlagen. Die Gründer von „dieMeisterTischler“ führten dazu eine 3D-CAD/CAM Software ein und investierten in CNC Maschinen, um neben dem klassischen Möbelbau auch komplexere Aufträge wie z.B. Yachtausbauten anzunehmen. Da sich die bestehende Software aber als nicht besonders praxistauglich erwies, setzten sich die Tischler mit erfahrenen Programmierern zusammen und passten die Software ihren persönlichen Ansprüchen an. Der nächste Schritt: Die Nutzung von Virtual Reality, damit Kunden, Planer und Handwerker gemeinsam geplante Projekte betrachten können – virtuell und bevor die eigentliche Bauphase beginnt. Auch steht eine weitere Optimierung der Bauprozesse im Fokus, da die verschiedenen Software-Produkte zur Gebäudedatenmodellierung untereinander nicht kompatibel sind. Hierzu sollen in Zukunft Schnittstelle abhelfen, deren Definition angestrebt wird.
3. Digitale Tourenpläne sparen Kosten
Bei der Müllabfuhr sind detaillierte Tourenpläne notwendig, damit alle Tonnen auf einer Route abgeholt und optimal angefahren werden können. Auch wenn es für die Planung bereits digitale Lösungen gibt, benötigten Müllwerker in der Vergangenheit dennoch lange Einarbeitungszeiten, um die Routen auswendig zu kennen. Ist ein Fahrer dann ausgefallen oder hat das Unternehmen verlassen, waren Ersatzfahrer schwierig aufzutreiben. Bei der Passauer Müllabfuhr wurde daher eine branchenspezifische digitale Plattform eingeführt, mit der sich Touren schneller planen lassen und gleichzeitig eine Navigation für Fahrer bereitstellt. Diese digitalen Tourenpläne zeigen nun detailliert auf, wo die nächsten Wegpunkte sind und sorgen für Einsparungen im bis zu 6-stelligen Bereich pro Jahr.
Doch wie lässt sich die Digitalisierung konkret umsetzen? Und was müssen Unternehmen dabei beachten? Teil 4 dieser Serie liefert dafür eine Checkliste und einige Ideen.